KoalitionsvertragEinmal alles für Hessens Hardliner

Der Koalitionsvertrag von CDU und SPD in Hessen sieht deutlich mehr Überwachung und massive Einschränkungen der Grundrechte vor. Er ist getrieben von einem technologischen und polizeistaatlichen Sicherheitsverständnis. Eine Analyse.

Polizist schaut auf aussteigende Personen eines Zuges.
Aus Sicht der hessischen Koalitionäre scheint die Polizei als Lösung für fast alle Probleme. (Symbolbild) – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Kay-Helge Hercher

In Hessen zeigt sich einmal mehr, wie gefährlich Koalitionen aus CDU und SPD für Grundrechte, Privatsphäre und Datenschutz sind. Im heute unterzeichneten Koalitionsvertrag (PDF) heißt es, dass Sicherheit an erster Stelle stünde – weil „nur sie“ ein friedliches und freies Zusammenleben garantiere.

Und so atmet der Koalitionsvertrag in Sachen Innenpolitik den Geist von Hardlinern, die an und über die Grenzen des verfassungsrechtlich Möglichen gehen wollen. Ihn durchzieht eine Ideologie, wonach Sicherheit nur durch mehr Polizei, mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden, durch mehr Technologie-Einsatz und durch den Ausbau des Überwachungsapparates erreicht werden kann. Der harte Kurs der Koalition hatte sich schon kurz nach der Landtagswahl Anfang Oktober abgezeichnet.

Der Text formuliert nicht nur „volle Rückendeckung“ für die Polizei, sondern eine „uneingeschränkte Solidarität“. Nach demokratischer Kontrolle der Träger des Gewaltmonopols klingt das nicht. Das aber wäre nach den zahlreichen rechtsradikalen Chat- und Datenabfrage-Skandalen der hessischen Polizei angebracht. Stattdessen will sich die Hessen-Groko für „weniger Misstrauen“ gegenüber der Polizei einsetzen.

Technische Aufrüstung der Polizei

Passend hierzu will die Koalition im Bund eine weitere Strafverschärfung für Angriffe auf Einsatzkräfte erreichen. Für solche Vergehen soll es künftig nur noch Haftstrafen, aber keine Geldstrafen mehr geben. Zudem will die neue Koalition auch noch einen „Hessischen Tag der Einsatzkräfte“ einführen, die Löhne bei der Polizei erhöhen und mehr Stellen schaffen.

Die Polizei soll flächendeckend mit Tasern, Body- und Dashboard-Cams sowie mit Drohnen ausgerüstet werden. Auch soll der Fuhrpark der Polizei ausgebaut werden – „mit Blick auf die Reichsbürger und Extremisten“ und der angeblich veränderten Gefährdungslage. Hinter diesem Punkt könnte sich die Anschaffung von gepanzerten Fahrzeugen wie dem Survivor R verbergen, also die Militarisierung der Polizei. Erst Ende Juli war der hessische Innenminister Peter Beuth beim Hersteller Rheinmetall zu Besuch.

Biometrische Passbilddatenbank für die Polizei

Generell sieht der Koalitionsvertrag eine Art Versicherheitlichung des öffentlichen Raumes vor. Die vorgesehenen Maßnahmen reichen von „Beleuchtungsmanagement“, mehr Sauberkeit und automatischen Sperrsystemen bis zur Ausweitung der Videoüberwachung. Auch sogenannte „Waffen- und Alkoholverbotszonen“ sind geplant. Vor allem Erstere erlauben es der Polizei, Bürger:innen auf Waffen zu durchsuchen. Sie sind daher als Ausweitung der sonst verbotenen anlasslosen Kontrollen (Schleierfahndung) zu werten. Mit solchen Zonen wird weniger Waffengewalt bekämpft als vielmehr das Kontrollregime der Polizei gezielt auf jene öffentlichen Räume ausgeweitet, wo diese bislang nur mit einem konkreten Verdacht kontrollieren können.

Bei der Videoüberwachung werde die Koalition die „zielgerichtete Fahndung durch die Erweiterung um Akustik, Mustererkennung und intelligente Technik mit Gesichtserkennung den Einsatz von Videosicherheitstechnik sowie mit ausreichend und geschultem Personal noch effizienter gestalten.“ Konkret will es die Koalition den landeseigenen Behörden ermöglichen, polizeiliche Lichtbilder aus einem zentralen „Landes-Spiegelregister“ abzurufen. Damit könnten Polizist:innen biometrische Fotos von Bürger:innen aus dem Pass- und Personalausweisregister einfacher für die Gesichtserkennung verwenden.

Mehr Big Data und KI

Die Einrichtung einer zentralen „Servicestelle zur Entsperrung von beweisrelevanten Datenträgern und IT-Systemen“ will die Koalition prüfen. Die Hessische Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) soll hingegen personell aufgestockt werden.

Um die Kriminalität zu bekämpfen, bedürfe es einer „zeitgerechten und automatisierten Auswertung großer Datenmengen“. Hier will die große Koalition den Rechtsrahmen für das bestehende Palantir-System HessenDATA oder vergleichbare Systeme weiterentwickeln und um „Künstliche Intelligenz“ (KI) erweitern. KI-Systeme sollen auch dazu genutzt werden, um Hate Speech im Netz zu erkennen.

Außerdem möchte die hessische Koalition „Grundlagen schaffen, um die Einsatzmöglichkeiten von HessenDATA oder einem vergleichbaren Analysewerkzeug auszuweiten, insbesondere indem vorhandene IP-, Maut- und sonstige Verkehrsüberwachungsdaten zur Verbrechensverfolgung genutzt werden können.“ Sie möchte also die Kommunikation im Internet ebenso überwachen wie den fließenden Verkehr auf den hessischen Straßen.

Privatwanzen und Vorratsdatenspeicherung

Zudem will die große Koalition künftig den Sicherheitsbehörden „in engen Grenzen und mit richterlicher Anordnung“ den Zugang zu bestehenden privaten audiovisuellen Systemen gestatten, um dann eine Wohnraumüberwachung durchführen zu können. Unter private audiovisuelle Systeme dürfte alles fallen, was ans Internet angeschlossen ist und ein Mikrofon und/oder eine Kamera hat – vom smarten Lautsprecher bis zur Kamera-Klingel von Amazon Ring.

Im Überwachungskanon der großen Koalition darf auch der Wiedergänger Vorratsdatenspeicherung nicht fehlen. Die hessische Landesregierung will sich dafür einsetzen, dass die Bundesregierung „unverzüglich und vollumfänglich die rechtlichen Möglichkeiten zur IP-Datenspeicherung“ ausschöpft. Dem schwarz-roten Bündnis schwebt dabei laut Koalitionsvertrag eine Speicherdauer von einem Monat vor. Das Land soll dazu einen Gesetzesentwurf im Bundesrat einbringen.

Die große Koalition sieht es außerdem als „erforderlich“ an, dass das Mitlesen verschlüsselter Telekommunikation im Kontext schwerster Straftaten möglich sein soll. Offen bleibt indes, wie das technisch und rechtlich umgesetzt werden soll.

Online-Durchsuchung für den Geheimdienst

Der hessische Landesverfassungsschutz soll von der großen Koalition die rechtliche Möglichkeit der Online-Durchsuchung bekommen. Den Staatstrojaner hatte die schwarz-grüne Landesregierung schon eingeführt. Im Gegensatz zum kleinen Staatstrojaner (Quellen-TKÜ) darf bei der Online-Durchsuchung nicht nur die laufende Kommunikation, sondern es dürfen sämtliche Daten auf den Endgeräten durchsucht werden. Die hessische SPD-Vorsitzende und heutige Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte sich früher gegen Staatstrojaner ausgesprochen.

Auch für den Verfassungsschutz wünschen sich CDU und SPD mehr „KI“ zur Durchsuchung großer Datenmengen. Darüber hinaus soll beim Landesgeheimdienst die „Spionage- und Cyberabwehr“ kurzfristig ausgebaut werden.

Extremismusklausel und Lex Klimaprotest

Zu guter Letzt bespielt die Koalition ein rechtes Leib- und Magenthema: Die Überprüfung von staatlich geförderten Organisationen und Vereinen auf deren Verfassungsmäßigkeit. Steuergelder sollen nicht an jene fließen, „die sich unter dem Deckmantel der Extremismusbekämpfung selbst außerhalb des demokratischen Spektrums bewegen“. Dahinter verbirgt sich die Angst, dass in Initiativen zur Demokratieförderung und gegen Rechtsextremismus auch Linkstremist:innen agieren könnten. Eine solche Politik steht in der Tradition der Extremismusklausel, welche die ehemalige Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) eingeführt hatte.

An das kürzlich eingeschränkte Versammlungsgesetz will die neue Koalition auch noch einmal ran und dieses weiter einschränken. Demonstrationen auf Autobahnen sollen künftig eine Woche vorher angemeldet werden müssen, die normale Frist für Demonstrationen beträgt 48 Stunden. Dieser Punkt dürfte sich gegen Klimaproteste richten. Zudem will die große Koalition das Vermummungsverbot auf Demonstrationen in Hessen von der Ordnungswidrigkeit zur Straftat machen.

Die Marschrichtung in Hessen ist somit klar. Und dass Grund- und Bürgerrechte in diesem Vertrag unter die Räder kommen, zeigt sich auch daran, wie oft diese beiden Worte in dem 184 Seiten langen Dokument genannt werden: kein einziges Mal.

36 Ergänzungen

  1. Allein die Aussage, daß sich die hessische Groko für „weniger Mißtrauen“ gegenüber der Polizei ausspricht, läßt alle Alarmglocken schrillen und sorgt für allerhöchstes Mißtrauen gegenüber der Polizei und sonstigen Übereachungsorganen des Staates aber ganz besonders gegenüber den Koalitionären. Wer hat uns verraten?

    1. Tja, real werden Demokratie und Buergerrechte zZt von CDU/CSU und SPD in diversen Koalitionen immer weiter erodiert, die brauchen dafuer keine AfD.

  2. Man gespannt auf die ersten Klagen beim zuständigen Landes- und wahrscheinlich auch Bundesverfassungsgericht hoffen.
    Insbesondere beim Vermummungsverbot, biometrischer Gesichtserkennung und natürlich dem Dauerdudler „Vorratsdatenspeicherung“ wird die Luft entzogen, da versuche ich mal optimistisch zu sein.

  3. Für die Spezialdemokraten hat schließlich Nancy „Vorratsdatenspeicherung!“ Faeser verhandelt, da konnte nur Seehofers Traum bei rauskommen.

  4. „demokratischen Spektrums“ bedeutet, nicht die Herrschaft der Reichen anzweifeln, nicht fragen, woher die Ungleichheit kommt und nicht fragen, ob es bei steigender Ungleichheit überhaupt eine echte Demokratie geben kann.

    Im demokratische Spektrum bewegt man sich, wenn man im Hamsterrad dreht und niemals Zeit hat und sich niemals wagt trotz Folter- und Morddrohung die Zeit zu nehmen, Fragen zu stellen.

    Hinweis an NP: eine notwendige Bedingung für echt Bullshitbusten ist, dass einem die Gemeinnützingkeit aberkannt wird.

  5. Wenn eine Regierung Vermummung auf Demos als „Straftat“ definieren will, als offizial Delikt, vermute ich, dann darf Polizei in Hessen jederzeit in wohl jede Demo (alles kann eine Vermummung sein, das Mitführen von Vermummungsgegenständen ist die Vorbereitung einer Straftat?) in Zugstärken reinknolzen, richtig? Strategische Waffenverbotszonen anhand interessanter Demorouten machen dann den Rest platt?

  6. Ich finde es schade, dass der Artikel im Wesentlichen nur den Koalitionsvertrag zitiert und alle, auch objektiv begrüßenswerte Maßnahmen, mit einem negativen, alarmistischen Framing versieht.
    So ist gegen eine bessere Bezahlung und zusätzliche Stellen für diejenigen, die täglich ihren Kopf für die Allgemeinheit hinhalten, sicherlich wenig einzuwenden. Auch eine flächendeckende Ausstattung mit Body- und Dashcams, sowie Videoüberwachung im öffentlichen Raum kann nur ablehnen, wer den Staat undifferenziert zum Feindbild verklärt.

    Andere Willensbekundungen des Koalitionsvertrags kann man sicherlich kritisch hinterfragen. Etwa die Entscheidung, das Vermummen im Kontext von Versammlungen zur Straftat hochzustufen, entgegen dem allgemeinen Trend der nördlichen Bundesländer, deren Bestrebungen eher in eine Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit laufen/liefen. Wobei ich hier den undifferenzierten Kommentar meines Vorredners nicht nachvollziehen kann, da auch in Bundesländern, in denen die Vermummung auf Versammlungen strafbewährt ist, niemand ohne triftigen Grund „in Zugstärke reinknolzt“, sondern die Verfolgung im Regelfall mit großem Augenmaß gehandhabt wird und somit im Zweifel eher das Legalitätsprinzip zugunsten des Art. 8 GG hintangestellt wird.

    Letztlich bleibt abzuwarten, welche der Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden. Allerdings sind beinahe alle der hier aufgeführten und als den „Grund- und Bürgerrechten“ zuwiderlaufend geframten Maßnahmen bereits unter strengen Voraussetzungen in anderen Bundesländern möglich – ohne dass das BVerfG Bedenken angemeldet hätte.

    1. Bodycams sind nur gut, wenn es richtig gemacht wird. Wenn die Polizei die Aufnahmen
      – anschauen kann (um zu schauen was nicht sichtbar ist und wo man lügen kann)
      – löschen oder schneiden kann
      – oder abschalten kann,
      bringt das nur Probleme. Die Aussage „volle Rückendeckung“ gibt mir da nicht viel Hoffnung.
      Dieser englische Artikel fasst das gut zusammen: https://www.eff.org/deeplinks/2021/03/justice-policing-act-does-not-do-enough-reign-body-worn-cameras

    2. ich glaube nicht, dass Herr Reuter den Staat undifferenziert als Feindbild sieht. Es geht ihm sicherlich darum, aufzuzeigen, was die ständige Ausweitung der Möglichkeiten des Überwachungsapparats, bei Entscheidungsträgern zu einer Machtkonzentrtion führt, die bei Missbrauch zu staatlicher Willkür im Umfang der Nazi-Diktatur führen kann.
      Ich denke z.B. an den verfassungswidrigen „Straftatbestand“ einer sogenannten Deligitimierung des Staates“ mit den Entsprechenden Befugnissen der Ermittlungsbehörden.

  7. SPD halt – hat da ernsthaft irgendjemand etwas anderes erwartet?

    Mindestspeicherfrist als Stichwort sollte reichen, um sich zu vergegenwärtigen, mit welcher Partei man da zu tun hat…

    1. Ist schon spannend, was die SPD da abzieht: zuerst Faeser als Innenministerin installieren, damit sie spaeter eine gute Position fuer die hessische Landtagswahl hat. Faeser predigt Grundrechtsverletzungen (VDS, etc) und leistet sich Personalpolitik nach Gutsherrenart beim BSI. Dann versaegt sie die Landtagswahl, aber kein Problem, sie sitzt ja sicher und bequem auf dem Bundesministerposten in Berlin. Dafuer darf sie den hessischen Koalitionsvertrag mitverhandeln, der dann erwartungsgemaess grundrechtsfeindlich ausfaellt. In Berlin gibt man den MP Posten zu Gunsten der CDU auf, und schafft es tatsaechlich, dass der CDU OB aus dem Vorort moderner als die SPD wirkt.

      Deutlicher kann die SPD sich nicht mehr um die Rolle des Mehrheitsbeschaffers bei der CDU bewerben.

      Sobald die CDU schafft, Merz durch irgendwen einigermassen ertraeglichen zu ersetzen, geht Scholz in die „GroKo“.

  8. Das soll das Verständnis von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einer Cdu und Spd sein? Das liest sich wie der Überwachungskatalog einer totalitären Diktatur.

    1. Wenn das Misstrauen der Herrschenden in die bürgerliche Gesellschaft solche gesetzgeberische Auswüchse in so rapider Geschwindigkeit nach einer Wahl hervorbringt, stehen alle Zeichen auf Sturm.

      Welche Kontingenzen werden erwartet, die solche Aufrüstungen im Polizeiapparat „erforderlich“ machen?

      Bürgerkrieg? Kippende Versorgungslagen? Terrör (sic!)? Oder soll die Alternative für Dumme schon mal eine stramme Polizei mit prallen Datenbanken nach den nächsten Wahlen übernehmen können?

      1. Die ausgeprägte und weiter wachsende Konzentration von Vermögen wird sich mit Fortschreiten der Klimakrise immer mehr im wegbrechenden Zugriff normaler Bürger auf essentielle Infrastruktur bemerkbar machen. Schule, Gesundheitswesen, Rente, Verkehr, Wohnen, usw.

        Lateinamerikanische Verhältnisse sind durchaus das Ziel, und da braucht man sehr robuste Sicherheitskräfte zur Verteidigung der Privilegien.

  9. Und die Leute haben ständig Angst vor einer AfD weil sie durch diese einen neuen Nationalsozialismus fürchten, dabei zeigen hier die CDU und SPD erneut ihre hässlche Fratze des wahren Polizeistaates. Finde ich jetzt natürlich total vertrauensvoll.

    1. Naja, man kann es auch so sehen: die CDU und SPD geben der rechtsradikalen AfD das Instrumentarium an die Hand, mit dem diese ihre autoritäre völkische Version des Staates noch effektiver durchzusetzen kann.

  10. > Der Text formuliert nicht nur „volle Rückendeckung“ für die Polizei, sondern eine „uneingeschränkte Solidarität“. Nach demokratischer Kontrolle der Träger des Gewaltmonopols klingt das nicht.

    Stimmt. Damit wird selbst die Aussicht auf eine Fehlerkultur in der Polizei abgeräumt. Das ist der perfekte Nährboden für Vertuschung polizeilicher Fehlleistungen. Nächste Ausbaustufe: Polizeistaat.

  11. „Naja, man kann es auch so sehen: die CDU und SPD geben der rechtsradikalen AfD das Instrumentarium an die Hand, mit dem diese ihre autoritäre völkische Version des Staates noch effektiver durchzusetzen kann.“

    Kann man zwar so sehen, ja. Nur sind CDU und SPD dann halt keinen Deut mehr besser als die AFD, wenn sie selber sämtliche Werkzeuge zum Errichten einer totalitären Diktatur auf der Agenda haben.
    Da macht es dann auch keinen allzu großen Unterschied mehr, ob eine CDU, eine SPD oder eine AFD an der Macht ist, wenn eine solche Diktatur erst mal da ist.

    Und man sieht ja jetzt schon, wie mit wachsenden technischen Möglichkeiten, insbesondere dem vollkommen naiven und blinden Vertrauen der Politik und der Strafverfolgungsbehörden in Gesicherserkennung und KI immer mehr Dämme brechen.
    Ebenso ist auch klar, dass, wenn diese Systeme erst mal etabliert sind, sie auf weitere Dinge angepasst werden, die den Politikern nicht passen, völlig ungeachtet der tatsächlichen Machbarkeit

    Eure Artikel mit den Ausweitungswünschen der Chatkontrolle von den Strafverfolgungsbehörden oder der KI-Wunschliste der EU-Mitgliedstaaten waren da ja Paradebeispiele

    1. Ich denke, dass es am Ende immer noch einen großen Unterschied ausmacht, wer die Instrumentarien in der Hand hält. Und da haben Faschisten einfach einen ziemlich schlechten Track Record.

      1. Die Sache ist einfach: Wer so etwas legalisiert, steht nicht auf dem Boden des Deutschen Grundgesetzes. Deshalb sollten wir CDU und SPD nicht als demokratische Parteien bezeichnen. Auch wenn die Verfassungsfeinde bei CDU und SPD nicht so schlimm sind wie bei der AfD, sollten wie sie trotzdem als Verfassungsfeinde bezeichnen.

        Hier verwischen CDU und SPD den Unterschied zur AfD. Außerdem liegt es ja immer noch an den Verbrechern bei der Polizei, welche Verbrechen sie mit den neuen Instrumenten begehen.

      2. Momentan haben die neoliberalen Kapitalisten das in der Hand, und deren global track record ist gnadenlos, um sich dann bei Bedarf die Faschisten fuers ganz Grobe ins Boot zu holen. Der Uebergang ist fliessend, Teile von CDU/CSU und FDP sind schon dort, siehe Thueringen oder Bayern.

      3. Das mag ja sein, dass die Instrumentarien in der Hand der (noch) richtigen sind. Nur, was wenn nicht mehr? Die Weimarer Republik hat sich auch schon 1930 mit Brüning und den Notverordnungen selbst in einen prädiktatorischen Zustand manövriert.

        Aus bayrischer Erfahrung kann man lernen, dass solche „Instrumente“ – wenn vorhanden – auch von Demokraten eingesetzt werden, siehe präventive Haft. Dazu noch selektiv. Wenn also unangemeldete „Corona-Spaziergänger“ Staus auf Straßen verursacht haben, ist das ganz etwas anders als wenn die letzte Generation das macht.

        Auch auf einen anderen Aspekt möchte ich hinweisen: Der „Geist von Hardlinern“ war und ist ein falsches Bild. Dieser Geist ist unterdimensioniert und damit „soft“, wenn die Taten von den „Richtigen“ ausgeführt werden. Das merkt man z.B. im Strafrecht und das nicht nur in Hessen. Dem Staat 100.000€ zu stehlen führt immer zu längerem Gefängnisaufenthalt, 100.000€ Steuern zu hinterziehen höchstrichterlich abgesegnet dagegen zu Bewährungsstrafen. Warum denn? Der Schaden ist doch der gleiche. Kann es sein, dass da immer noch der kaiserzeitliche Geist des gesellschaftlichen „Oben“ und „Unten“ im Gesetz steckt, der gleiche Geist, der dem genannten Bild der „Hardliner gegen Unten“ anhaftet?

      4. Ich glaube, es herrscht hier immer noch ein Missverständnis: Es geht den Kommentatoren nicht darum, die AfD kleiner zu machen, als sie ist, sondern sie warnen davor, autoritäre, antidemokratische und faschistoide Tendenzen und Personen in Union und SPD zu übersehen. Generell gilt: Feinde, die von außen kommen, werden schnell wahrgenommen, Feinde in den eigenen Reihen sind unsichtbar.

        Und während die AfD nicht einmal mehr ernsthaft so tut, als entsprächen ihre Vorstellungen von „Demokratie“, „Freiheit“ und „Rechtsstaat“ denen unserer verfassungsmäßigen Ordnung; sind Union und SPD bei allem, was sie tun, immer noch felsenfest davon überzeugt, auf dem Boden des Grundgesetzes zu stehen und werden im Diskurs auch so inszeniert. Weil sie glauben, sie seien die Guten und Faschisten und Antidemokraten immer die anderen, tun sie ganz ungeniert antidemokratische, faschistische Dinge, weil ja per Definition nichts, was Union und SPD als „demokratische“ Parteien tun, antidemokratisch oder faschistisch sein könne.

        Diese Haltung macht sie so gefährlich, und ich finde es hochproblematisch, zu behaupten, dass es nichts daran zu bezweifeln gebe, dass diese Parteien auf dem Boden des Grundgesetzes stünden. Ganz im Gegenteil muss genau das immer und immer wieder hinterfragt werden, bei allen Parteien, sowohl von außen und von innen. Genau das macht demokratische Kontrolle aus.

      5. Ich denke, Demokraten ( speziell neoliberale „Demokraten“) die die (eingeschränkte) Demokratie mit einem faschistischen Instrumentarium schützen wollen, sind selbst faschistisch veranlagte pro-forma-Demokraten! Ausserdem ist “ Nationalismus“ , also Nationalstaatlichkeit bisher die einzige Möglichkeit, Demokratie umzusetzen. Das wissen natürlich auch die Verfechter der global Governance! Aber die bevorzugen ja eh das faschistische Modell, beschwören aber ständig die Demokratie. Klingt halt gut! So wie Solidarität, zusammen, oder fest an der Seite stehen…

  12. Was ist denn das für ne Liste des Horrors??? In was für einer Welt leben denn diese Politiker? Was kommt als Nächstes? Eine 24/7 Liveübertragung aus den Vier Wänden zur Polizei, die das alles in Echtzeit mit KI auswertet?

  13. „Zudem will die große Koalition künftig den Sicherheitsbehörden „in engen Grenzen und mit richterlicher Anordnung“ den Zugang zu bestehenden privaten audiovisuellen Systemen gestatten, um dann eine Wohnraumüberwachung durchführen zu können.“

    „in engen Grenzen und mit richterlicher Anordnung“

    Der sog. Richtervorbehalt wird fast immer durchgewunken und erweist sich in zu vielen Fällen leider auch als rechtswidrig und/oder nicht korrekt abgefasst. De-facto ist so eine Regelung eigentlich ein Freifahrtschein zum Abhören.

  14. Ich habe diesen Artikel einem Bekannten von mir der Mitte 70 ist gezeigt. Er ist Ingenieur im Ruhestand und hat auch ein solides Wissen um IT&Co. Er ist überzeugter CDU Wähler und lässt sich auch in der Regel nie von seiner Unterstützung für die CDU abbringen. Nach dem er mit dem Artikel fertig war, sagte er, Zitat: „Das gibt’s doch nicht. Das können die doch nicht machen. Das geht viel zu weit. Dafür hab ich denen ganz sicher nicht meine Stimme gegeben“. Die Enttäuschung in seinen Augen war nicht zu übersehen.

  15. Zum Instrumentarium: Mit dem Wissen über die Nazizeit und wie sie enstand, sollte man wohl doch annehmen, dass solches Instrumentarium immer sofort zurückgebaut werden muss, eine ständige Ausbesserung bei Erkenntnis, und in der Folge eine Erschwerung der Errichtung solcher sind notwendig. Wer solches errichtet, will de facto die Machtergreifung, und befindet sich damit meiner Meinung nach mit steigendem Organisationsgrad, im Sinne der Abgrenzung einer an einem Kontext entlanggehangelten Schnapsidee, in zunehmendem Maße nicht mehr innerhalb jenes demokratischen Spektrums, in dem wir demokratische Akteure drinnen haben wollen.

    Es ist eine Form des Appeasements, diese nicht als Feinde der Demokratie bezeichnen zu wollen.

    Wer meint, die eigentliche „Diskussion“ ginge darum, ob nicht „ein bischen Demokratie“ doch hinreiche, usw. usf., aber das sind ja bereits Despoten, mit denen man da „sprechen“ würde. Das ist genau die Lektion aus der Geschichte, die uns weiterhin ins Gesicht gerieben wird. Und das ist nicht allein unsere Aufgabe als Wähler, denn in dem Stadium wären wohl erzwungene (bis zu bewaffnete) Klarstellung erforderlich (Bevölkerung gegen Despoten), es ist unabdingbar Aufgabe des Staatsapparates, die Demokratie auch zu schützen, sonst ist der Käse schon faul.

    1. In dem Moment, wo Ermessensspielräume und Weisungsbefugnis hinreichen, ist das ganze definitiv kaputt. So könnte man sich entlanghangeln. Wer ist für demokratisch defensive Gesetzgebung?

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